Anton Spieker

„Stummer“ Protest gegen die Nazis

Ein besonders bewegendes Schicksal aus den Kriegsjahren wissen die Espelner Chronisten über den damaligen Pfarrvikar Anton Spieker zu berichten. Der Geistliche, der am 7. März 1934 seinen Dienst in der Gemeinde antrat, machte keinen Hehl aus seiner Ablehnung des nationalsozialistischen Gedankengutes der damaligen Machthaber.

So blieb es nicht aus, dass offizielle Stellen des braunen Regimes Notiz von den Ansichten des heimischen Seelsorgers nahmen. Offenbar stiess er auch bei manchen seiner Zeitgenossen mit dieser aufrechten Haltung auf Ablehnung. Diese brachte im schnell Ärger mit den Autoritäten des Staates ein und zog ein Strafverfahren und eine Verwarnung nach sich. Nicht zuletzt aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Zentrumspartei galt er bei den Nazinalsozialisten als „politisch unzuverlässig“.

Am 20. Juni 1940 wurde Anton Spieker von der Gestapo Bielefeld festgenommen. Ihm wurde vorgeworfen, das vom Führer angeordnete Siegesläuten an zwei Tagen überhaupt nicht und am 07.06.1940 nur mit der kleinsten Glocke durchgeführt zu haben. In der Sondergerichtsanklage des Oberstaatsanwaltes beim Sondergericht Dortmund vom 27.11.1940 werden die Vorwürfe gegen Anton Spieker noch einmal im Detail genannt:

  • Öffentlich gehässige, hetzerische oder von niedriger Gesinnung zeugende Äußerungen über leitende Persönlichkeiten des Staates.
  • Mißbrauch der Kanzel, kritische Äußerungen zu Angelegeneheiten des Staates im Rahmen der Verkündigung.
  • Öffentliche Aufforderung zur Begehung von strafbaren Handlungen.
  • Aufforderung, dem Hitlerdienst fern zu bleiben.

Das Sondergericht beantragte die Haftfortdauer des Angeklagten. Am 9. März 1941 verstarb der Espelner Pfarrvikar in der Bochumer Strafanstalt „plötzlich an einem Schlaganfall“, wie der Gefängnispfarrer an das Paderborner Generalvikariat berichtete. Offizielle Stellen vermelden zur Todesursache „Tod durch Bombenalarm“. Die Leiche Anton Spiekers wurde nach Espeln überführt. Entgegen strenger Auflagen staatlicher Stellen öffnen Verwandte den Sarg und finden ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt: „Anton Spieker war von oben bis unten mit blauen Flecken übersät“, so berichtet es Helene Spieker. Nach heutigem Erkenntnisstand muß davon ausgegangen werden, dass der Espelner Pfarrvikar von den Nazis im Bochumer Gefängnis zu Tode gefoltert wurde. Anton Spieker findet seine letzte Ruhestätte auf dem Espelner Friedhof in der Nähe des Hochkreuzes.

Quelle:
„Herz-Jesu Espeln – Die Entwicklung einer Kirchengemeinde im Zeitraum eines Jahrhunderts“
Herausgeber: Kath. Kirchengemeinde Herz-Jesu Espeln / 2000